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Betrugspartikelfilter: Deutsche Umwelthilfe verklagt Kraftfahrtbundesamt und Minister Tiefensee

Nach der Weigerung des Bun­desverkehrsmin­is­teri­ums und des Kraft­fahrt­bun­de­samts (KBA), der Deutschen Umwelthil­fe e. V. (DUH) aktuelle Zahlen über den Stand des Aus­tauschs man­gel­hafter Diesel­par­tikelfil­ter und den aktuellen Stand der Fil­ter­nachrüs­tung zu über­lassen, hat die Umwel­tor­gan­i­sa­tion jet­zt Klage beim Ver­wal­tungs­gericht Schleswig ein­gere­icht.

Nach dem Umwelt­in­for­ma­tion­s­ge­setz (UIG) hat die DUH Anspruch auf der­ar­tige “umwel­trel­e­vante Infor­ma­tio­nen”. Die Klage richtet sich gegen die Bun­desregierung, vertreten durch den Bun­desverkehrsmin­is­ter Wolf­gang Tiefensee (SPD), dem das KBA in Flens­burg unter­stellt ist.

“Mit der Auskun­ftsver­weigerung will Verkehrsmin­is­ter Tiefensee offen­sichtlich ver­schleiern, dass der Fil­ter­tausch seit Monat­en prak­tisch zum Erliegen gekom­men und der Ver­such gescheit­ert ist, den Betrugs­fil­ter­skan­dal mit der so genan­nten Kulanzregel geräusch­los zu lösen. Ein Jahr nach Aufdeck­ung des Betrugs­fil­ter­skan­dals wird erneut ver­sucht, unan­genehme Wahrheit­en zu ver­schleiern. Im Novem­ber 2007 haben wir per Gericht­sentscheid die Veröf­fentlichung eines Gutacht­ens über nicht funk­tion­ierende Fil­ter­sys­teme durchge­set­zt. Verkehrsmin­is­ter Tiefensee zwingt uns nun, erneut die Bun­desregierung zu verk­la­gen, um so die uns rechtlich zuste­hen­den Infor­ma­tio­nen über den Stand des Nicht-Aus­tausches dieser Betrugspar­tikelfil­ter zu erhal­ten”, erk­lärte DUH-Bun­des­geschäfts­führer Jür­gen Resch.

Nach wie vor sind nach Überzeu­gung der DUH min­destens 40.000 fehler­hafte Par­tikelfil­ter in Diesel-Pkw ver­baut, deren Hal­ter zu Unrecht von Steuer­ermäßi­gun­gen und ein­er falschen Ein­stu­fung bei den Fein­staub­plaket­ten prof­i­tieren. Nach der gel­tenden Recht­slage muss der Bun­desverkehrsmin­is­ter die Betrieb­ser­laub­nis für nicht funk­tion­ierende Sys­teme wider­rufen. “Statt endlich zu han­deln set­zt Tiefensee auf ver­tuschen und aus­sitzen. Dieser Skan­dal ist nur dadurch zu been­den, dass das Kraft­fahrt­bun­de­samt endlich die fälschlich erteil­ten Betrieb­ser­laub­nisse zurück­n­immt”, erk­lärte Resch. Erst dieser Schritt gebe betrof­fe­nen Auto­hal­tern eine klare rechtliche Hand­habe, den Aus­tausch der Betrugs­fil­ter in den Werk­stät­ten durchzuset­zen.

In den ver­gan­genen Monat­en waren so gut wie keine Par­tikelfil­ter mehr aus­ge­tauscht wor­den, weil ins­beson­dere die Her­steller der nicht funk­tion­ieren­den Pseu­do­fil­ter, GAT und Bosal, mit Hin­hal­te­manövern einen flächen­deck­enden, für die Auto­hal­ter kosten­losen Aus­tausch gegen ser­iöse Fil­ter ver­hin­derten, ohne dass das fed­er­führende Umwelt­min­is­teri­um gegen die fort­ge­set­zten Fehlin­for­ma­tio­nen offen­siv vorg­ing.

KBA und Bun­desverkehrsmin­is­teri­um hat­ten das DUH-Auskun­fts­begehren über die aktuelle Zahl der gemelde­ten Diesel-Pkw mit nicht funk­tion­ieren­den Fil­ter­sys­te­men unter dem Hin­weis ver­weigert, aktuelle Zahlen lägen nicht vor. Diese Behaup­tung ist jedoch nach­weis­lich falsch. Das beim KBA geführte “Zen­trale Kraft­fahrzeu­greg­is­ter” bein­hal­tet in sein­er Daten­bank die tage­sak­tuellen Infor­ma­tio­nen. So hat­te das KBA im Mai 2008 in einem Rund­schreiben an ca. 45.000 betrof­fene Auto­hal­ter Kon­se­quen­zen bis hin zur Rück­forderung der mit der Fil­ter­nachrüs­tung ver­bun­de­nen Steuer­erspar­nis und dem Entzug zu Unrecht vergeben­er Fein­staub­plaket­ten ange­dro­ht, sofern der Aus­tausch nicht in Gang käme. Insofern ist das KBA jed­erzeit in der Lage, die aktuelle Zahl zu ermit­teln. Das ist auch ohne nen­nenswerten Aufwand möglich, weil der Fil­ter­tausch nach ein­er Umfrage der DUH unter den Fahrzeughal­tern den Zulas­sungsstellen gemeldet und somit zeit­nah im Zen­tralen Kraft­fahrzeu­greg­is­ter ver­merkt wird. Ein ein­fach­er Such­lauf, wie er auch im Vor­feld des KBA-Mahn­schreibens an die betrof­fe­nen Auto­hal­ter durchge­führt wor­den war, muss lediglich wieder­holt wer­den.

“Wir brauchen einen Neustart der Par­tikelfil­ter­förderung. Die heute ange­bote­nen Nachrüst­sys­teme haben alle Über­prü­fun­gen bestanden und sind uneingeschränkt zu empfehlen. Solange sich aber Verkehrsmin­is­ter Tiefensee weigert, den Betrugs­fil­ter­skan­dal durch einen Wider­ruf der entsprechen­den Betrieb­ser­laub­nisse zu been­den, bleibt die Verun­sicherung im Markt beste­hen”, sagte Resch. “Es geht um die Frage, ob die Poli­tik den Kampf gegen lebens­bedrohlichen Fein­staub in unseren Bal­lungszen­tren aufgibt oder einen ern­sthaften Neuan­fang ver­sucht. Dafür ist der flächen­deck­ende Aus­tausch nicht funk­tion­ieren­der Sys­teme eine notwendi­ge Voraus­set­zung”. Die Deutsche Umwelthil­fe hat­te den Skan­dal um die man­gel­haften Diesel­par­tikelfil­ter 2007 aufgedeckt. Auch damals hat­te die Organ­i­sa­tion die Veröf­fentlichung der Erken­nt­nisse über betrügerische Fil­ter vor Gericht erstre­it­en müssen — gegen Bun­desumwelt­min­is­ter Sig­mar Gabriel und das ihm unter­stellte Umwelt­bun­de­samt. Deshalb sei er zuver­sichtlich, dass das Ver­wal­tungs­gericht Schleswig nun eben­so entschei­den werde, wie es das Ver­wal­tungs­gericht Dessau im ver­gan­genen Jahr getan habe, erk­lärte Resch.