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Continental provoziert Schaeffler

Der Zwist zwis­chen Con­ti­nen­tal und der Scha­ef­fler Gruppe eskaliert. Wenn die Parteien nicht der Ver­nun­ft den Vor­tritt lassen, läuft das Unternehmen Gefahr, Schaden zu nehmen. Das kann kein­er der Akteure wollen.

Die Con­ti-Pressemit­teilung vom vor­let­zten Fre­itag hat­te es in sich, denn sie gle­icht ein­er offe­nen Kriegserk­lärung an die Scha­ef­fler Gruppe und hat mehr als nur Irri­ta­tio­nen aus­gelöst.

Am 12. Dezem­ber ließ der Con­ti-Vor­stand unter anderem ver­laut­en: „Der Vor­stand der Con­ti­nen­tal AG, Han­nover, zeigt sich besorgt über eine Ein­mis­chung der Scha­ef­fler Gruppe in Geschäftsver­hand­lun­gen der Con­ti­nen­tal. ‚Wir haben Ken­nt­nis bekom­men von einem Brief der Geschäfts­führung der Scha­ef­fler Gruppe an gle­ich mehrere unser­er Banken. In diesem Schreiben ver­sucht die Scha­ef­fler Gruppe ein­deutig, Ein­fluss auf die von Con­ti­nen­tal proak­tiv betriebe­nen Gespräche über die nach­haltige Absicherung unser­er Finanzierung zu nehmen. Dieser Schritt ist ein mas­siv­er Ein­griff in die sou­veräne und unab­hängige Geschäfts­führung der Con­ti­nen­tal. Das Vorge­hen der Scha­ef­fler Gruppe hat uns irri­tiert, weil diese damit unseres Eracht­ens ein­deutig gegen den Geist der gemein­sam erar­beit­eten Inve­storen-Vere­in­barung ver­stößt. Diese Inter­ven­tion erfol­gt oben­drein zu einem Zeit­punkt, an dem eine Freiga­be der EU-Kom­mis­sion noch nicht vor­liegt’, sagte der Con­ti­nen­tal-Vor­standsvor­sitzende Dr. Karl-Thomas Neu­mann am Fre­itag in Han­nover.“

Das ist stark­er Tobak gegenüber einem Unternehmen, das sich anschickt, das andere zu übernehmen. Auf Seit­en der ange­grif­f­e­nen Scha­ef­fler Gruppe hüllt man sich auf diese Pro­voka­tion hin noch immer in Schweigen. Das kann vernün­ftig sein, kann aber auch als Eingeständ­nis gel­ten, sich nicht kor­rekt ver­hal­ten zu haben. Es darf also weit­er gerät­selt wer­den, wer und welche Absicht hin­ter dem per Pressemit­teilung ver­bre­it­eten Affront steck­en.

Wollen das Zer­würf­nis bei­de Seit­en, um Ein­fluss auf den Aktienkurs zu nehmen oder die Verkaufs­bere­itschaft von Con­ti-Aktionären zu fördern? Ist die Con­ti-Führung in Panik, weil Kun­den in den USA weg­brechen? Dort kur­sieren Gerüchte, dass Chrysler mit ein­er Mil­liarde US-Dol­lar bei Con­ti in der Krei­de ste­ht und ein Chrysler-Rück­zug unter den Insol­ven­zschirm Chap­ter eleven die Bezahlung der Mil­liarde an Con­ti­nen­tal nicht erwarten lässt. Das wäre für Con­ti in der Tat furcht­bar. Auf tausend Mil­lio­nen Dol­lar Außen­stände verzicht­en zu müssen, bringt selb­st das stärk­ste Unternehmen in große Schwierigkeit­en. Ist dem Con­ti-Vor­stand und seinem Auf­sicht­srat die Kon­trolle ent­glit­ten bzw. ist er über­fordert, mit dem über­raschen­den Mark­tein­bruch und der anste­hen­den Über­nahme gle­ichzeit­ig fer­tig zu wer­den?

Übri­gens: Ein Con­ti-Desaster in den USA würde auch die anderen deutschen Her­steller mit Fab­riken in Ameri­ka nicht unberührt lassen, weil das amerikanis­che Geschäftsmod­ell Zulief­er­er und Her­steller eine enge Verzah­nung ist, bei der kein Zah­n­rad weg­brechen sollte.

Die erneute Gewin­nwar­nung bei Con­ti, die Stre­ichung der Div­i­dende und eine Mil­liarde Abschrei­bung auf Siemens VDO stärken auch nicht ger­ade das Selb­st­be­wusst­sein der Con­ti-Führungs­man­nschaft. Die aggres­sive Pressemit­teilung kön­nte auch in Rich­tung Deutsche Börse AG gerichtet gewe­sen sein, um die inzwis­chen erfol­gte Ent­las­sung aus dem Dax zu ver­hin­dern, indem Con­ti deut­lich zu machen ver­sucht hat, nicht fremdbes­timmt, son­dern sou­verän zu sein.

Oder sollte die öffentlichkeitswirk­same Aktion nur sig­nal­isieren, dass man in der soge­nan­nten „Qui­et peri­od“ tat­säch­lich nicht miteinan­der redet, son­dern nur über Bande „kom­mu­niziert“? – Fra­gen über Fra­gen, die nicht mehr lange im Raum schweben dür­fen, wenn Schadens­min­derung ange­sagt ist. Und die muss das Ziel sein. Das gilt für bei­de Seit­en.

Das Schweigen auf Seit­en Scha­ef­flers irri­tiert. Auch vom eingeschal­teten Ver­mit­tler Ex-Kan­zler Schröder ist nichts zu hören und nichts zu sehen. Das ist nicht gut. Der Vor­wurf Con­tis an Scha­ef­fler ist hart und darf nicht unbeant­wortet bleiben. Scha­ef­fler einen „Ver­stoß gegen den Geist der Inve­storen-Vere­in­barung“ vorzuw­er­fen, ste­ht bis heute unbeant­wortet im Raum. Wenn er unberechtigt ist, wovon auszuge­hen ist, dann haben alle Beteiligten, vor allem die Mitar­beit­er und die Con­ti-Aktionäre, Anspruch auf eine Richtig­stel­lung. Wäre der Vor­wurf berechtigt, dann wäre eine Klarstel­lung umso dringlich­er.

Wie die Dinge liegen, sollte das neue Jahr wed­er bei Con­ti noch bei Scha­ef­fler mit dieser Hypothek begin­nen. Bleibt nur zu hof­fen, dass das kom­mu­nika­tive Schweigen nicht die Ruhe vor dem Sturm ist, der den Geschäft­ser­folg der Zukun­ft verbläst. (ar/PS/HU)

(Ent­nom­men aus der aktuellen Aus­gabe des Branchen-Infor­ma­tions­di­en­stes PS Auto­mo­bil­re­port)