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Contis neue Strategie

Die Autow­elt war ger­ade zum Auto­mo­bil­sa­lon nach Paris aufge­brochen, da kam von der Con­ti­nen­tal AG aus Han­nover die Botschaft, dass der Auf­sicht­srat ein­er neuen strate­gis­chen Aus­rich­tung der Gesellschaft zuges­timmt hat­te. Die Aktiv­itäten der Con­ti wer­den in zwei Bere­iche gebün­delt: die Auto­mo­tive-Group unter Leitung des neuen Vor­standsvor­sitzen­den Dr. Karl-Thomas Neu­mann und die Rub­ber-Group unter seinem Stel­lvertreter und Finanzvor­stand Dr. Alan Hippe. Da ist doch nicht etwa mehr im Busche als eine neue Organ­i­sa­tion­sstruk­tur?

Die Scha­ef­fler-Gruppe aus Her­zo­ge­nau­rach hat­te bei ihrem Ein­stieg in die Con­ti­nen­tal AG einen Strate­giewech­sel aus­drück­lich aus­geschlossen. Die Vere­in­barung mit der Con­ti sieht vor, dass alles beim Alten bleibt. Die zum Zeit­punkt des Ein­stiegs gel­tende Con­ti-Strate­gie soll fort­ge­set­zt wer­den und die Arbeit­splätze geschützt bleiben. Doch nun dreht der Con­ti-Vor­stand selb­st das große Rad und nicht der neue Anteil­seign­er. Nicht nur die neue Aus­rich­tung, auch umfan­gre­iche Restruk­turierun­gen ste­hen auf dem Pro­gramm. Ganze Stan­dorte ste­hen auf der Abschus­sliste.

Mitte Sep­tem­ber zeich­nete sich über­raschend ein neues Bild der Sit­u­a­tion rund um die Con­ti ab. Es begann mit ein­er Gewin­nwar­nung und der Ankündi­gung von Stel­len­stre­ichun­gen. Nur eine Woche später war klar, dass der Scha­ef­fler-Gruppe 82,41 Prozent der Anteile zum Preis von 75 Euro je Aktie ange­boten wor­den waren. Scha­ef­fler muss sie übernehmen, obwohl die Vere­in­barung mit Con­ti vor­sah, dass die Her­zo­ge­nau­racher zunächst nicht mehr als 49,9 Prozent der Aktien hal­ten soll­ten.
Nun hat­te man mit eige­nen 7,78 Prozent mehr als 90 Prozent in der Hand, war also fak­tisch fast schon Alleinak­tionär, auch wenn man sich vor­be­hielt, die über­schüs­si­gen Aktien weit­erzu­verkaufen. Verkaufen kann Scha­ef­fler die Aktien aber nur zu einem Preis unter 52 Euro. Die Vorher­sage des alten Con­ti-Vor­sitzen­den Man­fred Wen­nemer, die Aktie sei rund 120 Euro wert, glaubt die Börse also immer noch nicht.

Für Scha­ef­fler wird nun bei­des teuer. Entwed­er muss man mit der Dif­ferenz von 23 Euro pro Aktie leben, wenn man sie verkauft. Oder das Finanzierungspaket für den Erwerb der Con­ti-Anteile wird umfan­gre­ich­er und teur­er. Behält man die Anteile, wird man damit leben müssen, die hohen Schulden der Con­ti aus dem Erwerb von Siemens VDO auch in der eige­nen Bilanz zu ver­dauen.

In dieser Sit­u­a­tion lässt sich das Gerücht nicht unter­drück­en, der Scha­ef­fler-Gruppe könne die selb­st­ständi­ge Aufkündi­gung der Vere­in­barung durch den Con­ti-Vor­stand ins Spiel passen. Hat­te doch Miche­lin, die weltweite Num­mer eins bei Reifen, Inter­esse an dem Reifengeschäft der Han­nover­an­er durch­blick­en lassen. Das gibt der Speku­la­tion Nahrung, die neue Formierung ein­er Rub­ber-Group kön­nte einen ersten Schritt zu deren Abspal­tung und Verkauf darstellen, durchge­führt vom Con­ti-Vor­stand und ganz im Sinne der Scha­ef­fler-Gruppe.