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Deutsche Winterreifenpflicht reicht oft im Ausland nicht aus

matsch-und-schnee-reifenSeit einem Jahr beste­ht auch in Deutsch­land die Win­ter­reifenpflicht — dementsprechend haben die meis­ten Aut­o­fahrer inzwis­chen ihre Win­ter­reifen mon­tiert. Sind damit auch alle Vorschriften für die Reise in Win­ter­sportziele wie Öster­re­ich, Ital­ien, Schweiz und Frankre­ich erfüllt? Mit­nicht­en: Wer sich bei der Win­ter­aus­rüs­tung alleine an den in Deutsch­land gel­tenden Regeln ori­en­tiert, kann in den Nach­bar­län­dern böse Über­raschun­gen erleben, stellen die Experten von TÜV SÜD fest.

Beste Beispiele liefern die sehr unter­schiedlichen Bes­tim­mungen zu den The­men Win­ter­reifen und Schneeket­ten.

Min­dest­pro­filtiefe in Öster­re­ich, Schneeket­ten in Ital­ien, Schaufelpflicht in Schwe­den — wer in Deutsch­land alle Vorschriften rund um die hiesige Win­ter­reifenpflicht ein­hält, der riskiert unter Umstän­den bei der Fahrt in die Win­ter­sportre­gio­nen ein Bußgeld, weil dort die Vorschriften fürs Fahren auf Schnee und Eis strenger aus­fall­en. Bestes Beispiel: die Pro­filtiefe. In Deutsch­land ist bere­its der regel­gerecht unter­wegs, dessen Win­ter­reifen ein Pro­fil von 1,6 Mil­lime­tern haben. Bei der Fahrt über die Gren­ze nach Öster­re­ich ver­stößt man damit schon gegen die Win­ter­aus­rüs­tungspflicht: Dort müssen die Pneus min­destens vier Mil­lime­ter haben. Dazu Eber­hard Lang von TÜV SÜD: “Nach Ansicht von TÜV SÜD soll­ten Win­ter­reifen ohne­hin bei spätestens bei vier Mil­lime­tern Pro­filtiefe aus­ge­tauscht wer­den.” Bei Win­ter­reifenpflicht und Schneeket­ten­be­nutzung ist Europa noch ein nationaler Flick­en­tep­pich — teil­weise gibt es sog­ar Son­der­regelun­gen für bes­timmte Regio­nen. Experten-Tipp für die Rei­sevor­bere­itung: “Ger­ade im Win­ter sollte man sich die geplanten Routen genau anschauen und sich mit den geset­zlichen Vorschriften zum win­ter­lichen Straßen­verkehr ver­traut machen”, so Lang.

Pro­fil zeigen in Öster­re­ich: Vier Mil­lime­ter tief muss das Pro­fil zwis­chen Inns­bruck und Wien sein, damit man die Win­ter­reifenpflicht erfüllt. Wer mit weniger unter­wegs ist, darf jedoch ersatzweise Schneeket­ten aufziehen. Damit lassen sich die Vorschriften erfüllen.

Sin­nvoll ist dies nach Ansicht von TÜV SÜD aber nicht. “Schneeket­ten sind kein Ersatz für Win­ter­reifen”, sagt Lang. Zudem sind der Benutzung von Schneeket­ten in Öster­re­ich Ein­schränkun­gen aufer­legt: Nur wenn die Fahrbahn über­wiegend mit Schnee oder Eis bedeckt ist, darf die Kette drauf. Die sit­u­a­tive Win­ter­reifenpflicht gilt vom 1. Novem­ber bis zum 15. April bei win­ter­lichen Straßen­ver­hält­nis­sen, das heißt bei schneebe­deck­ter Fahrbahn, Schneematsch oder Eis müssen an allen vier Rädern Win­terp­neus mon­tiert sein. Die Bußgelder reichen von 35 Euro für ein­fache Ver­stöße gegen die Win­ter­reifenpflicht bis hin zu 5.000 Euro für die schwere Beein­träch­ti­gung der Sicher­heit.

Büßen in der Schweiz: Die Eidgenossen haben trotz alpin­er Topografie keine generelle Win­ter­reifenpflicht. Die Benutzung von Win­terp­neus wird jedoch bei entsprechen­den Wit­terungsver­hält­nis­sen emp­fohlen, denn wird vom Auto auf Som­mer­reifen der Verkehr behin­dert, kön­nen Bußgelder aufer­legt wer­den. Wer dage­gen ver­stößt, zahlt umgerech­net 70 Euro in die Kan­ton­skasse. Kracht es, wird zudem eine erhe­bliche Mitschuld berech­net. Die Schneeket­tenpflicht wird mit einem bes­timmten Verkehrsze­ichen angezeigt, übri­gens dem­sel­ben wie in Öster­re­ich. Wer dage­gen ver­stößt, zahlt 100 Franken Bußgeld. Neu ab 2012: Wer ab dem 1. Jan­u­ar ohne Auto­bah­n­vi­gnette erwis­cht wird, zahlt 200 statt bish­er 100 Schweiz­er Franken Bußgeld.

Vor­bere­it­et sein in Ital­ien: Auch jen­seits des Bren­ners beste­ht seit dieser Sai­son streck­en­weise Win­ter­reifenpflicht — in Südtirol und in der Prov­inz Mai­land hat man sich für die Stich­ta­gregelung entsch­ieden. Vom 15. Novem­ber bis 31. März gilt: Unab­hängig von den Straßen­ver­hält­nis­sen muss der Wagen auf Win­terp­neus rollen. Wer von Cara­binieri, Polizia Stradale, Polizia di Sta­to und Co. auf Som­mer­gum­mis erwis­cht wird, zahlt rund 80 Euro Bußgeld. Übri­gens: Eine Stich­ta­gregelung gilt seit langem eben­falls für das Aos­ta-Tal vom 15. Okto­ber bis 15. April. Vom Po bis zur Straße von Med­i­na: Wie heftig das Wet­ter im Som­mer­reise­land Ital­ien umschla­gen kann, das zeigen die jüng­sten Unwet­ter von Lig­urien bis nach Sizilien. Quin­tes­senz der Poli­tik: Ital­ienis­che Behör­den kön­nen kurzfristig bei plöt­zlichem Win­tere­in­bruch über­all im Land zu bes­timmten Zeit­en oder für einzelne Streck­en­ab­schnitte die Win­ter­aus­rüs­tung vorschreiben. Dazu wer­den Hin­weiss­childer aufgestellt. Tipp von TÜV SÜD: Wer in den Win­ter­monat­en in Ital­ien mit Som­mer­reifen unter­wegs ist, sollte deshalb zumin­d­est Schneeket­ten im Gepäck haben — auf den Antrieb­srädern mon­tiert sind sie als Alter­na­tive eben­falls zuläs­sig.

Schilder beacht­en in Frankre­ich: Wer zum Ski­fahren im Grand Mas­sife unter­wegs ist, trifft auf kurzfristig vorgeschriebene Win­ter­aus­rüs­tung auf bes­timmten Streck­en. Die sit­u­a­tive Win­ter­reifenpflicht in Frankre­ich wird mit dem Verkehrss­child “pneus neige” oder “pneus hiv­er” gekennze­ich­net.

Wird die Vor­gabe auf solchen Streck­en mis­sachtet, fall­en 90 Euro Bußgeld an. Für fehlende Schneeket­ten zahlt man 35 Euro. Eine all­ge­meine Win­ter­reifenpflicht ist ab der kom­menden Sai­son 2012/13 geplant.

Tiefe check­en für Tschechien: Böh­mens Berge erfreuen sich wach­sender Beliebtheit bei Win­ter­sportlern. Wer zwis­chen dem 1. Novem­ber und dem 31. März nach Pec oder Horni Marsov unter­wegs ist, braucht auf Hauptverkehr­swe­gen unbe­d­ingt Win­ter­reifen. Auf Neben­streck­en ist die Win­ter­aus­rüs­tungspflicht mit einem Verkehrss­child (Pkw mit Schneeflocke) gekennze­ich­net. Für die Pneus gilt eine Min­dest­pro­filtiefe von vier Mil­lime­tern. Schneeket­ten auf Som­mer­rädern wer­den als Alter­na­tive akzep­tiert. Bußgeld bei Mis­sach­tung: 80 Euro.

Schaufel dabei haben in Schwe­den: Min­dest­pro­filtiefe in Schwe­den: drei Mil­lime­ter. Zusät­zlich muss in Schwe­den vom 1. Dezem­ber bis 31. März eine Schaufel im Kof­fer­raum sein. Genau­so ist aus­re­ichend Frostschutzmit­tel im Wis­chwass­er vorgeschrieben — klare Sicht für früh­es Erken­nen von Hin­dernissen wie Elchen und Co. Einzi­gar­tig übri­gens eine weit­ere skan­di­navis­che Vorschrift: Wer in Finn­land mit zu geringem Luft­druck auf den Reifen unter­wegs ist, muss mit einem Bußgeld rech­nen.

Sich daheim ausken­nen: Bei win­ter­lichen Straßen­ver­hält­nis­sen gilt in Deutsch­land: nicht ohne Win­ter- oder Ganz­jahres­reifen, gekennze­ich­net mit den Auf­schriften M+S, M.S. M&S oder Schneesym­bol. Die geset­zliche Min­dest­pro­filtiefe beträgt wie bei Som­mer­reifen 1,6 Mil­lime­ter. TÜV SÜD-Experten rat­en jedoch, die Reifen bei ein­er Tiefe von vier Mil­lime­tern auszu­tauschen, weil ger­ade bei Win­terp­neus der Grip unter vier Mil­lime­tern bauar­tbe­d­ingt rapi­de abn­immt. Nach der neuen Regelung gel­ten in Deutsch­land Straßen als win­ter­lich, wenn sie mit Schneematsch, Schnee oder Eis bedeckt sind. Wer dann mit Som­mer­reifen erwis­cht wird, zahlt 40 Euro Bußgeld. Behin­dert er mit Som­merp­neus den Verkehr, sind 80 Euro fäl­lig — und ein Punkt in Flens­burg. Achtung: Anders als in Ital­ien, Öster­re­ich und Tschechien stellen Schneeket­ten keine Alter­na­tive dar.

Zu Fehlern ste­hen: Wer denkt, dass Knöllchen aus dem Aus­land ohne­hin nicht im heimis­chen Briefkas­ten lan­den, irrt seit Län­gerem. Seit Okto­ber 2010 gilt näm­lich in der EU: Alle Bußgelder ab 70 Euro wer­den voll­streckt.

Farbe zeigen: Eine Bußgeld­falle lauert für Deutsche in vie­len Län­dern in Form ein­er Warn­west­enpflicht. In Öster­re­ich muss die “Sicher­heitsweste” sog­ar im Innen­raum erre­ich­bar sein. Bei ein­er Panne darf man auf der Auto­bahn nur damit bek­lei­det aussteigen. Auch beim Schneeket­ten-Aufziehen sorgt die grelle Farbe für Sicher­heit.

Prä­pari­ert sein: Eine Schaufel im Kof­fer­raum kann auch außer­halb Schwe­dens sin­nvoll sein — zum Freis­chaufeln des Autos beispiel­sweise aus ein­er Schneewe­he. Zur Win­ter­aus­rüs­tung gehören außer­dem: ein Eiskratzer und Anti-Beschlagtüch­er für die Scheiben; ein Hand­feger zum Abkehren von Schnee; eine Taschen­lampe mit funk­tions­fähi­gen Bat­te­rien für den Ern­st­fall und eine warme Decke sowie Hand­schuhe fürs Durch­hal­ten im Stau.