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Fahrverbot für Rotlichtverstoß scheitert oft am exakten Nachweis

An ein­er Ampel kommt es auf die Sekunde an: Wer sie bei Rot passiert, zahlt ein Bußgeld; sig­nal­isierte die Ampel bere­its länger als eine Sekunde Rot, fällt das Bußgeld höher aus und es dro­ht gle­ichzeit­ig ein Fahrver­bot. Juris­ten sprechen dann vom qual­i­fizierten Rotlichtver­stoß. „Allerd­ings gibt es ger­ade beim Rotlichtver­stoß sehr viele Fak­toren, die Zweifel an ein­er kor­rek­ten Einord­nung erlauben“, mah­nt Recht­san­walt Chris­t­ian Demuth, Verkehrsstrafrechtler aus Düs­sel­dorf. Betrof­fene soll­ten sehr genau prüfen, wie exakt ihnen ihre Sünde nachgewiesen wird.

„Das fängt schon damit an, dass nur der tat­säch­liche Fahrer und nicht der Hal­ter für den Ver­stoß zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wer­den kann“, stellt Demuth klar, „wer nicht vor Ort gestoppt wird, sollte zunächst prüfen, ob nur er als Fahrer zur Tatzeit in Betra­cht kommt, also z.B. kon­trol­lieren, ob er auf einem möglichen Bewe­is­fo­to iden­ti­fiziert wer­den kann.“ Zudem ist zu klären, ob über­haupt ein echter Rotlichtver­stoß began­gen wurde. Dafür muss das Fahrzeug den eigentlichen Schutzbere­ich der Kreuzung oder der Straße erre­icht haben. Und dieser Schutzbere­ich des Quer- und Gegen­verkehrs begin­nt meist nicht unmit­tel­bar hin­ter der Hal­telin­ie. Der Sinn der ver­schärften Ahn­dung von qual­i­fizierten Rotlichtver­stößen liegt näm­lich im Schutz der anderen Verkehrsteil­nehmer, die darauf ver­trauen dür­fen, die Kreuzung durch die Ein­hal­tung der Hal­tege­bote sich­er passieren zu kön­nen.

Fehler sind häu­fig auch bei der Bes­tim­mung der Dauer der Rotlichtzeit anzutr­e­f­fen. Tech­nis­che Störun­gen kön­nen hier genau­so rel­e­vant wer­den wie eine zu kurze Gelbphase. Außer­dem sind Sicher­heitsab­schläge zu berück­sichti­gen. Beson­ders fehlerträchtig ist es schließlich auch, wenn der Vor­wurf auf den Beobach­tun­gen eines Zeu­gen, etwa eines Polizis­ten, beruht. „So reicht die bloße gefühlsmäßige Schätzung für die Fest­stel­lung ein­er länger als eine Sekunde dauern­den Rotlichtzeit nicht aus“, betont Verkehr­sex­perte Demuth. Vielmehr komme es auf genaue Angaben zur Mess­meth­ode und zum Beobach­tungs­stand­punkt des Zeu­gen an.

Und selb­st, wenn ein qual­i­fiziert­er Rotlichtver­stoß ein­wand­frei doku­men­tiert wurde, kann der Betrof­fene einem Fahrver­bot ent­ge­hen, wenn ihm auf­grund atyp­is­ch­er Umstände keine grobe Pflichtwidrigkeit ange­lastet wer­den kann. Beispiele sind der Mitziehef­fekt, also der unter­be­wusste Start zusam­men mit Fahrzeu­gen der Neben­spur, für die schon Grün angezeigt wird, oder ein Früh­start auf­grund ein­er auf Grün umschal­tenden, weit­er ent­fer­n­ten Ampel. Demuth: „Wer anhält, zeigt ja ger­ade, dass er sich recht­streu ver­hal­ten will. Gibt er dann zu früh Gas, beste­ht für die Gerichte nach einem Ein­spruch gegen einen Bußgeldbescheid immer die Möglichkeit, die Fehlein­schätzung als fahrläs­sig einzustufen.“