Der Autozulieferer Continental hat faktisch aufgegeben, sich gegen die Übernahme durch die Schaeffler Gruppe zu wehren. Nicht aus Überzeugung, sondern Einsicht in das Unvermeidliche. Da mochte Conti-Chef Manfred Wennemer noch so aufgebracht argumentieren und von Hinterhalt reden: Letztlich gingen seine Argumente an der Sache vorbei. Unlogisch zum Beispiel auch seine Sicht, entweder den Angebotspreis zu erhöhen oder sich mit 20 Prozent zu begnügen. Das wäre der Forderung eines Milchbauern gleichgekommen, dass zehn Liter Milch pro Liter mehr kosten müssen als zwei Liter Milch. Wieso soll etwas teurer werden, wenn ich mehr davon kaufe?
Manfred Wennemer dürfte schon früher erkannt haben, dass seine „Abwehrschlacht“ gegen die Übernahme von Anfang an verloren war. Eine Schlacht war es sowieso nicht, eher ein kommunikativ aufgebauschter Reflex eines enttäuschten Managers, der sich gesagt haben mag: Ich habe Conti groß gemacht und lass mir doch jetzt nicht die Butter vom Brot nehmen. Das ist nachvollziehbar, sollte aber nicht wirklich als ernsthaft verfolgte Strategie verstanden werden. Der Vorstandsvorsitzende will schlicht seinen Job nicht verlieren. Das ist menschlich verständlich, hat aber mit dem von Wennemer an die Wand gemalten Szenario (Abbau von Arbeitsplätzen, Zerschlagung der Conti) sicher nichts zu tun.
Wennemer hat nicht nur in den letzten Tagen Fehler gemacht. Sie liegen weit zurück. Er hat das Unternehmen nicht genügend als Hightech-Unternehmen positioniert. Seine strategische Öffentlichkeitsarbeit hat im Grunde versagt. Nirgendwo wurde so richtig deutlich, wie das Unternehmen Entwicklungen in Sachen Automobilsicherheit vorangetrieben hat.
Dass der Conti-Finanzvorstand sich vor Kurzem gewissermaßen selbst lobte, dass man 3500 Medienvertreter und Kunden zur Fußball-Europameisterschaft eingeladen habe, zeigt das seltsame Verständnis der Medienarbeit bei Conti. Bringt eine Einladung zu einem Fußballspiel dem Unternehmen wirklich mehr als das Kommunizieren innovativer Entwicklungen? Vielmehr hätte man in den Medien noch deutlicher die Verdienste um die Verkehrssicherheit herauskehren müssen.
Warum gilt das lebensrettende ESP weltweit noch nicht als selbstverständlich in je-dem Auto, das einmal vom jetzigen Geschäftsführer der Schaeffler Gruppe, Jürgen Geißinger, weltweit gepusht worden war, dann aber von Wennemer kommunikativ vernachlässigt wurde? Warum ist das in Frankfurt gebaute und einmal als Ingenieur- und Entwicklungszentrum vorgesehene Gebäude dann nicht als Innovationsbrutstätte für über 1000 Ingenieure genutzt worden? – Manfred Wennemer hatte offensichtlich mehr den nächsten Quartalsbericht im Visier als die langfristige Weiterentwicklung des Unternehmens in den Kompetenzfeldern Fahrwerkssicherheit im weitesten Sinne.
Dass sich Wennemer nun als hintergangener Conti-Guru darstellt, der das Unter-nehmen so erfolgreich gemacht hat und nun davor warnt, dass die Schaefflers Continental zerschlagen wollten, ist schlicht falsch. Auch dass er beklagt, die Medien würden zu schlecht über ihn schreiben, ist nicht die richtige Einschätzung der Realität. Die Medien analysieren lediglich Wennemers Fehler. Seine Bilanzpressekonferenzen machten nur allzu oft deutlich, dass er die Börse und die Analysten ernster nahm als die Erwartungen seiner Kunden und Endverbraucher.
Der Einstieg der Schaeffler Gruppe ist nicht nur nicht mehr zu verhindern. Er sollte beschleunigt werden. Denn nun ist es wichtig, den Mitarbeitern eine langfristige Perspektive zu vermitteln. Selbst aus den Vorständen in der Automobilindustrie sind nur positive Meinungen zu dem Deal zu hören. „Wir brauchen ein starkes Gegengewicht zu Bosch“, sagt einer. Konkurrenz sei allerdings nicht nur in Sachen Preise und Kos-ten sinnvoll, „sondern auch im Vorantreiben technologischer Entwicklungen“.
Hier dürfte als sicher gelten, dass sich Jürgen M. Geißinger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schaeffler Gruppe, dieses Themas mit besonderem Engagement annehmen wird. Schließlich war er einmal bei ITT Automotive (heute Continental) weltweit für Hightech-Entwicklungen bei Bremsen und Fahrwerkstechnik verantwortlich. Niemand sollte also in einer Übernahme von Conti durch Schaeffler etwas Schlechtes sehen. Es wird sich schnell zeigen, dass Conti und seine Mitarbeiter da-von profitieren werden. Und die Sicherheit im Automobil.
(Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes PS-Automobilreport)