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Gastkommentar: Es geht nur noch um Eitelkeit

Das Abwehrg­erangel von Con­ti­nen­tal gegen die Über­nahme durch die Scha­ef­fler Gruppe nimmt groteske Züge an. Con­ti-Chef Man­fred Wen­nemer untern­immt so ziem­lich alles, um Scha­ef­fler abzuwehren. Er hält es ganz offen­sichtlich für bess­er, von anderen Inve­storen über­nom­men zu wer­den. Jet­zt kann es nur noch um ver­let­zte Eit­elkeit­en gehen. Denn vernün­ftig ist es nicht, was Wen­nemer alles untern­immt, um Scha­ef­fler von Con­ti fernzuhal­ten.

Con­ti hat jet­zt für viel Geld zwei weit­ere Berater­banken ins Boot geholt, um die Über­nahme bzw. deren Finanzierung zu ver­hin­dern, min­destens aber zu erschw­eren. Dazu soll auch die Bank of Amer­i­ca gehören. Finanz­ex­perten hal­ten es zwar für möglich, dass die Scha­ef­fler Gruppe es dadurch schw­er­er haben kön­nte, Teile des etwa 16 Mil­liar­den Euro teuren Über­nah­mekred­its aufzubrin­gen. Let­ztlich wäre aber auch dieses lös­bar. Was das alles soll, erschließt sich nur mit der Erk­lärung, dass Wen­nemer aus per­sön­lichem Ehrgeiz allein auf die Abwehr fix­iert ist. Ob ihm die langfristige Entwick­lung von Con­ti dabei noch am Herzen liegt, darf bezweifelt wer­den. Denn warum sollte es bei nur auf Ren­dite zie­len­den Inve­storen mit Con­ti bess­er laufen als mit einem engagierten Unternehmen, das wed­er an Zer­schla­gung noch an einem Weit­er­verkauf inter­essiert ist? Die Suche nach dem Heil brin­gen­den „weißen Rit­ter“ kön­nte lediglich dazu führen, Scha­ef­fler zu ein­er Erhöhung des Ange­bots zu motivieren. So richtig Sinn machen Wen­nemers Strate­gien aber nicht.

Das haben jet­zt sog­ar die Con­ti-Mitar­beit­er gemerkt. „Finanz­in­ve­storen wollen schnelles Geld ver­di­enen und wer­den eine Zer­schla­gung des Konz­erns daher vorantreiben“, zitiert Reuters den Arbeit­nehmervertreter im Auf­sicht­srat Erwin Wör­le. „Da wäre mir ein Ein­stieg von Scha­ef­fler lieber, denn die wollen das Geschäft nach vorn treiben und nicht über Filet­tierun­gen oder Finanzjonglier­ereien Geld ver­di­enen.“ Genau so ist es. Warum aber der Con­ti-Chef seine Strate­gie genau auf dieses Ziel hin aus­richtet, bleibt ein Rät­sel. Denn ger­ade eine dro­hende Zer­schla­gung von Con­ti hat­te er ja zuvor im Zusam­men­hang mit ein­er Scha­ef­fler-Über­nahme ins Feld geführt. Warum sollte auf ein­mal eine Zer­schla­gung durch Finanz­in­ve­storen die bessere Alter­na­tive sein?

Zwar hat sich der Con­ti-Auf­sicht­srat zunächst hin­ter die Abwehrstrate­gie Wen­nemers gestellt. Es sieht aber nicht so aus, als ob es dabei bleibt. Wör­les Mei­n­ung scheint nicht die Mei­n­ung eines Einzel­nen zu sein. Immer mehr Auf­sicht­sräte, so hört man aus ihren Kreisen hin­ter vorge­hal­tener Hand, sind des Pok­er­spiels leid. Denn es sei nicht von der Hand zu weisen, dass Con­ti in diesem Spiel schließlich doch noch in die Hand von Invest­ment­ge­sellschaften falle. Dann dürfte sich Man­fred Wen­nemer vielle­icht ins Fäustchen lachen, aber ob dem Unternehmen Con­ti und vor allem seinen Mitar­beit­ern damit langfristig geholfen wäre, ist mehr als fraglich.

Es ist an der Zeit, dass sich der Con­ti-Auf­sicht­srat von sein­er (eher halb­herzi­gen) Unter­stützung der Abwehrstrate­gie ver­ab­schiedet und Ver­nun­ft wal­ten lässt. Wen­nemer hat sich irgend­wie und irgend­wo ver­ran­nt. Jet­zt muss getan wer­den, was Con­ti nutzt und hil­ft. Und das ist nicht ein weißer Rit­ter, der mit dem Schw­ert die Filet­stücke her­auss­chnei­det. Am Ende muss ein stark­er Zulief­er­er ste­hen, der „made in Ger­many“ hochhält, Inno­va­tio­nen vorantreibt und in sie investiert und die Arbeit­splätze sichert. Die deutsche Autoin­dus­trie braucht starke Zulief­er­er. Das tut dem Wet­tbe­werb gut. Alles in allem darf es jet­zt nicht mehr nur um Eit­elkeit gehen, son­dern um die beste Lösung. Und die ist nicht von Invest­ment­ge­sellschaften zu erwarten, die ohne Herzblut, ohne emo­tionales Engage­ment kaufen und verkaufen. (ar/PS/HU)

(Ent­nom­men aus der aktuellen Aus­gabe des Branchen-Infor­ma­tions­di­en­stes PS-Auto­mo­bil­re­port)

Von Hans‑U. Wier­sch