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Gastkommentar: Wennemer Abgang mit Applaus

Man­fred Wen­nemer, noch neun Tage Chef der Con­ti­nen­tal AG in Han­nover, ver­lässt die Bühne als tragis­ch­er Held — unter Applaus. In dem Über­nah­me­pok­er mit der Scha­ef­fler-Gruppe, Her­zo­ge­nau­rach, muss er als Math­e­matik­er und Real­ist schon sehr früh gewusst haben, dass die Fak­ten gegen einen Erfolg sein­er Abwehrschlacht sprechen. Und den­noch hat er sie aufge­zo­gen, um das Beste für sein Unternehmen sowie dessen Kun­den, Aktionäre und Mitar­beit­er her­auszu­holen.

Heute rech­net man ihm hoch an, Vere­in­barun­gen zus­tande gebracht zu haben, denen er als Con­ti-Chef nie zuges­timmt hätte, wären sie zum Beispiel von der Gew­erkschaft an ihn herange­tra­gen wor­den. Doch bei Lichte bese­hen, enthält der Ver­trag mit der Scha­ef­fler-Gruppe im Wesentlichen nur das, was Scha­ef­fler schon in frühen Phasen des Über­nah­mev­er­suchs von sich aus ange­boten hat­te. Nur die Benen­nung des Alt-Bun­deskan­zler Ger­hard Schröder über­raschte.

Den­noch ver­lässt Wen­nemer das Unternehmen mit Beifall für seine Leis­tung bei der Aus­rich­tung der Con­ti zu einem echt­en Glob­al Play­er der Zulieferindus­trie. Mit dem Zukauf von Siemens VDO posi­tion­ierte er das Unternehmen auf dem zweit­en Platz nach Bosch, allerd­ings um den Preis hoher Schulden und mit einem immer noch unklaren Pro­fil.

Das Pro­fil der neuen Num­mer 1 im glob­alen Zulief­er­ergeschäft gegenüber Kun­den, Inve­storen und Aktionären zu schär­fen, wird eine der vor­dringlichen Auf­gaben der neuen Gruppe darstellen. Denn jet­zt ste­ht neben der immer noch in Teilen „archais­chen“ Reifen­tech­nolo­gie nicht nur High Tech-Elek­tron­ik son­dern auch noch die fein­ste Mechanik. Das zu einem akzep­tierten Kom­plet­tange­bot an die Auto­mo­bil­her­steller auszubauen, wird die Ver­ant­wortlichen in den näch­sten Monat­en und Jahren auf Trab hal­ten.

Da darf man ges­pan­nt sein, wer jet­zt bei Con­ti­nen­tal dafür die Ver­ant­wor­tung übern­immt. Im Gespräch sind zwei Kan­di­dat­en, Dr. Alan Hippe (Finanzen) und Dr. Karl-Thomas Neu­mann (Chas­sis & Pow­er­train), bei­de Mit­glieder des jet­zi­gen Vor­stands der Con­ti­nen­tal AG.

Alan Hippe wurde vor dem Über­nah­mev­er­such immer wieder als Wen­nemers Favorit für die „Kro­n­prinzen­rolle“ genan­nt. Das spricht immer noch für ihn, auch wenn er von dem Über­nah­mev­er­such offen­bar über­rascht wor­den war und dann die Entwick­lung der Abwehrstrate­gie ver­ant­wortete.

Karl-Thomas Neu­mann gilt als der visionäre und motivierende Tech­niker, der die Con­ti auf hochtech­nis­che Zukun­fts­felder wie Sicher­heit, Kom­fort und Zuver­läs­sigkeit im Auto­mo­bil aus­gerichtet hat. Aber er kommt aus Wolfs­burg. Manche fürcht­en, den anderen großen Kun­den kön­nte das nicht gefall­en.

Das „Man­ag­er-Mag­a­zin“ hat die 50:50-Chance genutzt und sich unter Hin­weis auf informierte Kreise auf Neu­mann fest­gelegt. Man wird sehen. Der Auf­sicht­srat hat jeden­falls bei sein­er jüng­sten Sitzung angekündigt, rasch die Nach­folge zu regeln. Wäre es eigentlich ver­wun­der­lich, wenn der sich für eine Dop­pel­spitze entsch­iede und bei­den Kan­di­dat­en die passende Rolle zuweist?