Zwei Tage nach der Grundsatzeinigung über eine Herauslösung seiner deutschen Tochter Opel reichte der einst weltgrößte Autobauer heute 1.Juni 2009 wie erwartet den Antrag auf Gläubigerschutz bei einem Konkursgericht in New York ein.
101 Jahre nach seiner Gründung will sich das ehemalige Symbol amerikanischer Wirtschaftsstärke nun unter Kapitel 11 des Insolvenzrechts und mit einer Mehrheitsbeteiligung der Regierung sanieren. Opel und andere GM-Auslandsteile seien nicht Teil des Verfahrens, teilte der hoch verschuldete Detroiter Konzern mit. Die Bundesregierung in Berlin erklärte, die neue Opel-Treuhandgesellschaft sie rechtzeitig vor der GM-Insolvenz besiegelt worden.
Mit Vermögenswerten über rund 82 Milliarden Dollar ist die GM-Insolvenz die größte in der US-Industrie und die drittgrößte in den Vereinigten Staaten überhaupt. Die Verbindlichkeiten beliefen sich laut den Gerichtsunterlagen Ende März auf rund 173 Milliarden Dollar. Nach dem Insolvenzantrag des Rivalen Chrysler
vor rund einem Monat arbeiten damit zwei der großen drei US-Autobauer unter Gläubigerschutz. Ford will dagegen ohne Staatshilfen durch die Krise auf dem Automarkt steuern.
GM wird nach dem Insolvenzantrag mit 60 Prozent mehrheitlich dem US-Staat gehören und auf zukunftsträchtige Teile wie die Marken Chevrolet, Cadillac und Buick reduziert sein. Die US-Regierung verfolgt dabei einen ehrgeizigen Zeitplan: In 60 bis 90 Tagen soll GM die Insolvenz durchfahren und sich mit der Trennung von unrentablen Teilen verschlanken. Tausende Stellen fallen dabei weg. Präsident Barack Obama sagte am Wochenende: “Ich hätte es vorgezogen, mich ganz herauszuhalten. Aber dann hätten wir eine Abwicklung erlebt, einen Konkurs, in dem ein riesiges Gebilde mit enormer Bedeutung für unsere Wirtschaft in seine Einzelteile zerbrochen worden wäre.” Die Regierung rechnet damit, dass GM nach Finanzspritzen von fast 20 Milliarden weitere 30 Milliarden Dollar benötigt.
In enger Absprache mit der sogenannten Auto-Taskforce der US-Regierung will General Motors nun dem Chrysler-Vorbild folgen und sich aufspalten. Voraussetzung waren Zugeständnisse der Gläubiger und der Arbeitnehmervertreter. Der gesunde Teile des Unternehmens soll an neue Eigentümer übertragen werden. Dies sind der Staat im Verbund mit Gewerkschaft und der “alten GM”, die einen Anteil von zehn Prozent behalten dürfte. Im Falle Chryslers ist es mit dem italienischen Autobauer Fiat ein privater Investor, der mit zunächst 20 Prozent einsteigt.
Obama hatte ein erstes Sanierungskonzept des Traditionsunternehmens Ende März als nicht tragfähig abgelehnt und GM Zeit bis zum 1. Juni gegeben, ein neuen Überlebensplan vorzulegen. Zugleich zwang die Regierung den langjährigen Konzernchef Rick Wagoner zum Rücktritt. Das Unternehmen mit weltweit fast 250.000 Mitarbeitern hängt am staatlichen Tropf, nachdem es durch eine verfehlte Modellpolitik ins Schlingern und in der Rezession vollends an den Rand des Abgrunds geraten war. Seit 2005 hat GM 88 Milliarden Dollar Verlust gemacht, seit einem Jahr verbrennt der Konzern täglich 68 Millionen Dollar. Im jüngsten Quartal belief sich diese Summe sogar auf 111 Millionen Dollar pro Tag.
Neben Opel will GM auch die defizitäre schwedische Tochter Saab abstoßen. Die Bundesregierung, der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna und die US-Seite hatten sich am Samstag nach langem Tauziehen grundsätzlich auf eine Herauslösung von Opel aus dem GM-Konzern verständigt, damit der Rüsselsheimer Autobauer nicht in den Sog der Insolvenz gerät. Der Treuhandvertrag sei in der Nacht auf Pfingstmontag notariell beurkundet und die Treuhand somit eingerichtet worden, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Treuhandgesellschaft ist Teil des Rettungskonzepts für Opel. In ihr sind wichtige Teile des Rüsselsheimer Autobauers und von anderen europäischen Gesellschaften eingebracht worden, die für ein überlebensfähiges Unternehmen notwendig sind. Sie sind damit vor dem Zugriff von GM geschützt. Das Rettungspaket sieht auch einen staatlichen Brückenkredit über 1,5 Milliarden Euro vor.
@Reuters