Dr. Karl-Thomas Neumann, der Vorsitzende des Vorstands der Continental AG. Ließ bei seiner Rede vor der Hauptversammlung heute (23. April 2009) in Hannover, keinen Zweifel daran, dass er eine klare Ausrichtung der Conti vermisst. Innerhalb der nächsten 100 Tage will das Unternehmen eine Strategie auf die Beine stellen, die wieder klare Ziele setze.

Neumann erinnerte daran, dass dafür viele Interessen auszugleichen seien. Was damit gemeint sein könnte, zeigt ein Artikel in der heutigen „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, demzufolge ein Zukunftsmodell so aussehen könnte: Die Schaeffler-Gruppe und die Continental AG fusionieren unter der industriellen Führerschaft von Continental und einem Anker-Aktionär Schaeffler

Neumann drängt also auf eine rasche Regelung der Zusammenarbeit zwischen der Schaeffler-Gruppe und Continental: „Wir sind überzeugt, dass weiteres Zuwarten in dieser extrem schwierigen wirtschaftlichen Lage auch das Risiko einer unkontrollierten Entwicklung birgt – und das Risiko steigt mit jedem verschenkten Tag." Die Schaeffler-Vertreter, die von den Aktionären nur mit schwachem Beifall und vereinzelten Buh-Rufen empfangen worden waren, verzogen keine Miene, als Neumann darauf bestand, Conti habe die Vorleistungen für eine neue Strategie bereits erbracht.

Viel Sympathie schlug Neumann von den Aktionären entgegen, als er an die Investorenvereinbarung mit der Schaeffler-Gruppe erinnerte, die Ihnen einen Preis von 75 Euro pro Aktie garantiert hatte. Unmut kam nur auf, als er mitteilte, für 2008 würden wegen des Bilanz-Verlusts von 1,12 Mrd Euro keine Dividende gezahlt. Neumann ließ aber nicht unerwähnt, dass die Continental trotz des operativen Verlusts von 296,2 Mio Euro „auch 2008 operativ zu den besten Zuliefer-Unternehmen weltweit“ zählt.

„Der Kauf der Siemens VDO war der richtige Schritt“, wiederholte Neumann auch bei dieser Gelegenheit trotz der Goodwill-Abschreibungen von insgesamt 1,23 Mrd Euro, von denen der größte Teil auf das Konto Siemens VDO geht. „Diese Abschreibung zeigt auch, dass sich die Erwartungen nicht alle wie geplant bis 2010 erfüllen werden.“ Einige der mit dem Kauf von Siemens VDO übernommenen Kundenprojekte seien zu ambitioniert gewesen. „Die Herausforderungen im Produktionsanlauf und in der nachhaltigen Produktqualität wurden unterschätzt“, räumte Neumann ein. „Weshalb sich einige der übernommenen Projekte zu so nicht vorhersehbaren Verlustbringern entwickelt haben.“

Teile von Siemens VDO und das bereits vorher erworbene Automotive-Geschäft von Motorola hat Conti in der „Division Interior“ zusammengefasst. Das Geschäft entwickelt sich offenbar gut; denn die Division setzte im vergangenen Jahr 5,86 Mrd Euro um und erzielte eine Marge von neun Prozent. Vor großen Herausforderungen sieht Neumann dagegen die „Division Powertrain“: „Das bisherige Ergebnis ist eine große Enttäuschung.“ Der Turnaround dieser Division sei daher in den kommenden beiden Jahren eine „Schlüsselaufgabe für Continental“.

Maria-Elisabeth Schaeffler und Sohn Georg F.W. Schaeffler im Gespräch mit dem Aufsichtsratsvorsitzendem Rolf Koerfer (stehend).
Conti- Vorstandschef Dr. Karl-Thomas Neumann (rechts) und der Aufsichtsratsvorsitzende Rolf Koerfer.
Maria-Elisabth Schaeffler im Gespräch mit ihrem Geschäftsführer Dr. Jürgen Geißinger.
Maria-Elisabeth Schaeffler mit Sohn Georg F.W. Schaeffler.
Dr. Jürgen Geißinger

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