Die EU-Kommission hat die Richtlinie für das ab 2012 geplante kombinierte Reifen-Label für die Kriterien Bremsleistung, Rollwiderstand und Abrollgeräusch vorgelegt. Stimmt das Europa-Parlament der Richtlinie in dieser Form zu, müssen alle in Europa zum Verkauf vorgesehenen Reifen im Ersatzgeschäft sowie bei Neufahrzeugen ab Oktober 2012 mit einem einheitlichen Label versehen werden.
Das Label enthält dann eine konkrete Angabe mit jeweils sieben Klassen (A – G) für Rollwiderstand (in kg pro 1.000 kg Radlast) und zur Bremsleistung sowie eine genaue Angabe des beim Abrollen verursachten Geräuschniveaus (in dB (A)).
„Als führender europäischer Hersteller begrüßen wir die Initiative der EU-Kommission, den Autofahrern standardisierte Informationen über die Reifeneigenschaften anzubieten. Wir weisen aber ausdrücklich auf die zu erwartenden Problemfelder bei der Umsetzung innerhalb der 27 EU-Staaten hin. Dazu zählt besonders die Frage nach Sanktionsmechanismen, mit deren Hilfe alle Hersteller – und damit auch asiatische Billig-Reifen-Importeure – zur gewissenhaften Umsetzung bewegt werden können.
Aber auch der Vorschlag greift zu kurz, das Label direkt auf unsere Produkte aufzubringen, denn die meisten Reifenkäufer bekommen ihre Reifen erst zu sehen, wenn sie bereits am Fahrzeug montiert sind“, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Continental AG, Dr. Alan Hippe, der die Rubber Group leitet und dort für die Division Pkw-Reifen verantwortlich ist. | Dr. Alan Hippe |
„Um sicherzustellen, dass die Endverbraucher diese neuen technischen Informationen auch verstehen, gewichten und bewerten können, sollte die EU-Kommission vor der verpflichten-den Einführung eine Verbraucherbefragung durchführen“, so der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, der Berichterstatter im europäischen Parlament für die neue EU-Vorschrift “Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer allgemeinen Sicherheit“ ist.
Das Fraunhofer Institut wurde von der EU-Kommission mit einer umfassenden Studie zur Untersuchung der Umsetzung der Energieeffizienz-Kennzeichnungsrichtlinie in den 27 EU-Staaten sowie in der Schweiz und Norwegen beauftragt. Die Ergebnisse werden nicht öffent-lich vorgestellt, aber eine vergleichbare Studie des Fraunhofer Instituts zur Umsetzung der Energieverbrauchs-Kennzeichnungsverordnung in Deutschland zeigte bereits 2001 auf, wie groß der Missbrauch im Fall von Selbstzertifizierungsmaßnahmen aufgrund fehlender Kontrollmechanismen und Sanktionen häufig ist. In diesem Fall waren dabei mehr als 50 Prozent der überprüften Elektrogeräte in 320 deutschen Geschäften falsch oder gar nicht gekennzeichnet.
An der Diskussion über die für das EU-Reifen-Label relevanten Kriterien und ihre Klassifi-zierung hatte auch die ETRMA, der Europäische Dachverband der Reifen-und Gummiproduzenten mitgewirkt und nach Erläuterung der grundlegenden technischen Zusammenhänge bei der Reifenentwicklung gefordert, dass das Label nicht einseitig auf das Kriterium Rollwiderstand ausgelegt wird. „Wir sind sehr froh darüber, dass die EU-Kommission bei ihrem Richtlinienentwurf diese Forderung der ETRMA zugunsten der Kombination von Rollwiderstand und Nassgriff berücksichtigt hat.
Andernfalls wäre die einseitige Auslegung zukünftiger Reifen begünstigt worden, von der gerade die Produzenten asiatischer Billig-Importe profitiert hätten, obwohl ihre Produkte ein Entwicklungsniveau haben, das bei der Nassgriffleistung in vielen Fällen um etwa 20 Jahre hinter den aktuellen Premium-Produkten europäischer Hersteller zurückliegt“, erklärte Dr. Hans-Joachim Nikolin, der im Continental-Vorstand für die Division Nutzfahrzeugreifen verantwortlich ist und die Interessen von Continental innerhalb der ETRMA vertritt. | Dr. Hans-Joachim Nikolin |
Die EU-Kommission behält sich vor, das EU-Reifen-Label zu einem späteren Zeitpunkt zum Beispiel mit den zusätzlichen Kriterien Aquaplaning-Sicherheit und Kurvenhandling zu erweitern.