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Kraftfahrzeuggewerbe erwartet Talfahrt

Trotz des Verkauf­s­reko­rds für neue Autos ist das Kraft­fahrzeuggewerbe in Berlin und Bran­den­burg mit dem Auto­jahr 2009 unzufrieden.

Gründe dafür wur­den bei einem Pressege­spräch mit dem Präsi­den­ten des Lan­desver­ban­des Berlin-Bran­den­burg des Deutschen Kraft­fahrzeuggewerbes, Hans-Peter Lange, und dem Berlin­er Dekra-Nieder­las­sungsleit­er Karsten Breuer sicht­bar.

Zu spüren sei die schwierige kon­junk­turelle Lage vor allem im Verkauf gebrauchter Pkws (-0,9 %), im Absatz von Trans­portern (-29,9 %) und schw­eren Nutz­fahrzeu­gen (-35,3 %) sowie im Werk­stattgeschäft (-3,8 %), kon­sta­tierte der Präsi­dent des Lan­desver­ban­des Berlin-Bran­den­burg des Deutschen Kraft­fahrzeuggewerbes, Hans-Peter Lange. Die durch die gewährte Umwelt­prämie aus­gelöste Son­derkon­junk­tur sei zu Ende. “Der Riesen­topf mit fünf Mil­liar­den Euro und demzu­folge zwei Mil­lio­nen gekauften neuen Autos durch pri­vate Käufer ist Geschichte.”

Jet­zt gehe es für die rund 1.300 Auto­häuser und Werk­stät­ten in Berlin und Bran­den­burg darum, die Weichen für die erwartete Tal­fahrt zu stellen. Auch vor dem Hin­ter­grund anhal­tender Struk­turverän­derun­gen gehe die Branche mit Blick auf 2010 von “schw­eren Zeit­en in Verkauf und Ser­vice” aus.

Die Unzufrieden­heit trotz jüng­ster Autoreko­rde habe min­destens zwei Gründe, sagte Lange. Erstens hät­ten die Verkauf­s­reko­rde “die Rentabil­ität nicht verbessert, lediglich kurzfristig die Liq­uid­ität”. Im Sog der Umwelt­prämie habe zunehmend ein Preis-Wet­tbe­werb stattge­fun­den. Und zweit­ens trübe das Vol­u­men der vorge­zo­ge­nen Käufe die Aus­sicht auf 2010. “Die Tal­fahrt wird kom­men.”

Gegen vor­eilige Drama­tisierun­gen der erwarteten Rück­gänge im kom­menden Jahr wehrte sich der Präsi­dent des ZDK-Lan­desver­ban­des Berlin-Bran­den­burg aber. Schließlich gebe es auch “Licht­blicke im Grau des neuen Auto-All­t­ags”. Das betr­e­ffe vor allem das gewerbliche Geschäft, das sich im kom­menden Jahr erholen könne. Auch bei den Trans­portern gebe es Hoff­nung auf bessere Zeit­en. Kon­junk­turelle Zyklen habe das Kraft­fahrzeuggewerbe in Berlin und Bran­den­burg stets “mit der Kraft des Mit­tel­standes” über­standen.

Erst ein­mal könne man jet­zt – vier Monate vor dem Jahresab­schluss – bilanzieren, dass in Berlin das Verkaufsvol­u­men neuer Pkws von rund 78.000 im Vor­jahr ver­mut­lich auf etwa 115.000 steigen werde. In Bran­den­burg erwarte man nach 59.000 verkauften Neuwa­gen im Jahr 2008 die Neuzu­las­sung von etwa 125.000 Autos. Derzeit liege der Zuwachs im Pri­vat­geschäft knapp über 100 Prozent.

Der Erfolg in der Gesamt­bi­lanz der Umwelt­prämie schlägt sich nach Langes Worten auch im Fahrzeugbe­stand nieder. Ein­er­seits werde durch zwei Mil­lio­nen neue Pkw das vielfach beklagte hohe Durch­schnittsalter von bish­er 8,6 Jahren im Pkw-Bestand sinken, zum anderen habe die “Kau­flust nach kleinen, grü­nen Autos” die Mod­ellseg­mente neu aufgeteilt. Der Anteil der so genan­nten Min­is und Klein­wa­gen, der vor fünf Jahren noch bei rund 23 Prozent gele­gen hat­te, sei inzwis­chen an der Zulas­sung neuer Pkws schon mit 32,8 Prozent beteiligt.

Im Bere­ich des Lan­desver­ban­des Berlin-Bran­den­burg gebe es für das Deutsche Kraft­fahrzeuggewerbe durch das starke Stadt-/Landge­fälle eine einzi­gar­tige Kon­stel­la­tion. “Wir erleben tagtäglich, wie unter­schiedlich die Automärk­te sind.” Ein­er­seits sei Berlin ein guter Markt für Fahrzeuge der Pre­mi­umk­lassen, ander­er­seits sei die Haupt­stadt bei der Motorisierung im Bun­desver­gle­ich Schlus­slicht. Und: Die starke Präsenz der Auto­mo­bil­her­steller im Han­dels­geschäft in der Haupt­stadt erschwere die Lage des mit­tel­ständis­chen Kraft­fahrzeuggewerbes.

The­ma Umwelt­zone: Das Kraft­fahrzeuggewerbe plädiere für eine “Berlin­er Umwelt­zone mit Ver­nun­ft und vernün­fti­gen Aus­nah­men”. Man dürfe die fast 200.000 täglichen Pendler eben­so nicht vergessen wie Touris­ten und kleine handw­erk­liche Unternehmen, die eine “Ein­fahrt ohne Schranken” braucht­en.

Der Ver­band unter­stütze alle Bemühun­gen, den nachträglichen Ein­bau von Ruß­par­tikel-Fil­ter­sys­te­men bess­er als bish­er zu fördern. Dazu gehöre die Forderung, noch vor der Wahl die Weichen für eine Ver­längerung des Förderzeitraums und die Erhöhung des Förder­beitrages von derzeit 330 Euro zu stellen. Dies sei entschei­den­der für die Erfolge der Nachrüs­tung und damit für die Reduk­tion von Umwelt­be­las­tun­gen als die Diskus­sion über eine neue Farbe der Plakette. Der näch­sten Sitzung des Umweltauss­chuss­es des Bun­destages im Sep­tem­ber komme beson­dere Bedeu­tung zu.

Auf ihre “fes­ten Wurzeln”, die die Dekra Auto­mo­bil in Berlin habe, ver­wies Karsten Breuer. Die The­men Umwelt und Mobil­ität berührten maßge­blich das Engage­ment von Dekra und die Zusam­me­nar­beit mit dem Kfz-Gewerbe. Er erin­nerte daran, dass es im bran­den­bur­gis­chen Klet­twitz, am Lausitzring, seit vie­len Jahren das Dekra-Tech­nolo­gie-Zen­trum gebe.

Auf die unter­schiedliche wirtschaftliche Kraft des mit­tel­ständis­chen Kraft­fahrzeuggewerbes in Berlin und Bran­den­burg machte Hans-Peter Lange ein­mal mehr aufmerk­sam. Außer­halb des “Speck­gür­tels” der Haupt­stadt erlebe man ein zunehmend brüchiges Niveau der Erlöse. So könne man im Ser­vice, beispiel­sweise im Spree­wald, lediglich mit Werk­stattpreisen arbeit­en, die knapp der Hälfte des bun­desweit­en Durch­schnittswertes von 70 Euro entsprächen. Bun­desweit gebe es eine Band­bre­ite von 40 bis 120 Euro. Diese Her­aus­forderun­gen zeigten sich auch im Arbeits- und Aus­bil­dungs­markt Kfz-Gewerbe. Während man in Berlin mit 154 Lehrlin­gen für das jet­zt begin­nende Aus­bil­dungs­jahr auf Vor­jahres­niveau liege, gebe es in Bran­den­burg starke Rück­gänge.