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Kreditmanager diskutierten bei der Bridgestone

Roundtable Insol­ven­zen und sink­ende Zahlungsmoral im Busi­ness — ein The­ma von hoher Brisanz, das Unternehmen zu neuen Wegen im Kred­it­man­age­ment zwingt und daher auch den von der cormeta ag ini­ti­ierten Round­table Ende Mai bei der Bridge­stone Deutsch­land GmbH dominierte.

Kred­it­man­ag­er aus ver­schiede­nen Branchen disku­tierten in Bad Hom­burg die Möglichkeit­en, Chan­cen und Risiken des derzeit gel­tenden Insol­ven­zrecht­es. Im Fokus standen die Inter­essen der Gläu­biger während der ver­schiede­nen Stufen eines Insol­ven­zver­fahrens. “Der Erfolg hängt im Wesentlichen von der Qual­ität des Insol­ven­zver­wal­ters ab”, unter­strich in diesem Zusam­men­hang Chris­t­ian Bart­nitz­ki, Leit­er Kred­it­man­age­ment bei der Bridge­stone Deutsch­land GmbH und Gast­ge­ber des Erfahrungsaus­tausches. Ein stark­er Ver­wal­ter nimmt laut Bart­nitz­ki das Heft selb­st in die Hand und beschränkt sich nicht auf die Rolle des Beobachters und Gutachters. Nur so könne er bei Rechts­geschäften die Insol­venz­masse verpflicht­en und damit den Wieder­auf­bau eines mar­o­den Unternehmens ermöglichen. Lei­der sei das die Aus­nahme; stattdessen sei immer noch der Typus von Ver­wal­ter vorherrschend, der Entschei­dun­gen des Schuld­ners nur abnickt. Das Ziel eines Insol­ven­zver­fahrens, die Gläu­biger gemein­schaftlich zu befriedi­gen, ger­ate dadurch in Gefahr.

Erörtert wur­den in diesem Zusam­men­hang die Vor- und Nachteile eines Insol­ven­z­planes. Ein­er­seits garantiert er einen schnellen, kalkulier­baren Ver­fahrens­ab­schluss; ander­er­seits fällt die Erfol­gsquote hier niedriger aus als bei ein­er Sanierung außer­halb des Insol­ven­zver­fahrens. Deshalb sei, so Chris­t­ian Bart­nitz­ki, ein außerg­erichtlich­er Stun­dungs- oder Sanierungsver­gle­ich dem Insol­ven­zver­fahren vorzuziehen. Allerd­ings müssten diesem alle Gläu­biger zus­tim­men, was sich in der Prax­is oft als schwierig gestal­tet. Eine Lösung sei hier die Bil­dung von Gläu­biger­grup­pen, wie beim Round­table zu erfahren war. Während Großgläu­biger wie Hauptliefer­an­ten, Banken und Warenkred­itver­sicher­er am Sanierungsver­fahren beteiligt wer­den, erhal­ten Kle­ingläu­biger ihre offe­nen Forderun­gen inner­halb des Zahlungsziels voll erstat­tet.

Tele­foninkas­so: Auf die Gesprächs­führung kommt es an
Im weit­eren Ver­lauf des Erfahrungsaus­tausches ging es um die Wirk­samkeit von tele­fonis­chem Inkas­so. Diet­mar Bouw­mann, ein­er der erfahren­sten Train­er zu diesem The­ma, erk­lärte in seinem Vor­trag, warum sich diese Art des Mah­nens lohnt. “Viele Schuld­ner fühlen sich bei der Ehre gepackt, wenn man sie direkt anspricht. Deshalb gehen die meis­ten auf Vorschläge zur Begle­ichung offen­er Forderun­gen bere­itwillig ein und hal­ten sich auch daran.” Die “Macht der per­sön­lichen Ansprache” sei deshalb nicht zu unter­schätzen, so der Coach. Ziel des Tele­foninkas­sos ist es, dem Kun­den zu sig­nal­isieren, wie wichtig er einem Unternehmen ist — trotz seines Zahlungsverzugs. “Man kommt dem Gläu­biger ent­ge­gen und zeigt ihm, dass man Unan­nehm­lichkeit­en in Form von Mah­nge­bühren oder Gericht­stiteln ver­mei­den will. Let­ztlich geht es darum, den Kun­den durch dieses Ent­ge­genkom­men zu hal­ten”, erläuterte Diet­mar Bouw­mann. Entschei­dend sei daher die richtige Gesprächs­führung beim Tele­foninkas­so. Die soll laut Bouw­mann nicht nur konziliant sein, son­dern auch klar struk­turi­ert.

Vor allem müsse der Inkas­somi­tar­beit­er genau hin­hören und schnell die Sit­u­a­tion des Kun­den erfassen. Dazu gehöre es auch, auf Argu­mente seines Gegenübers vor­bere­it­et zu sein; wie etwa Krankheit, Urlaub oder Chaos im Betrieb, mit denen viele Schuld­ner gern ihre Zahlungsver­säum­nisse begrün­den. Denn bei allem Ver­ständ­nis für die Sit­u­a­tion dürfe der Mitar­beit­er keinen Deut von seinem Ziel, der schnell­st­möglichen Begle­ichung offen­er Rech­nun­gen, abwe­ichen. Diet­mar Bouw­mann: “Der Säu­mige muss ver­ste­hen, dass es ‚höch­ste Eisen­bahn’ ist.” Tele­foninkas­so set­ze daher geschultes Per­son­al voraus, so der Diplompsy­chologe. “Ein unge­nauer Gespräch­se­in­stieg, fehlen­des Hin­ter­fra­gen oder vage For­mulierun­gen wirken sich neg­a­tiv aus.” Der anschließende Work­shop, in dem die Erken­nt­nisse anhand von Prax­is­beispie­len ver­tieft wur­den, fand eine bre­ite Res­o­nanz bei den Teil­nehmern.

Dia­log im Dunkeln
Der Erfahrungsaus­tausch bei Bridge­stone war Teil ein­er branchenüber­greifend­en Ver­anstal­tungsrei­he zum The­ma Deb­itoren­man­age­ment, die 2008 von der cormeta ag ins Leben gerufen wurde. Ziel der hal­b­jährlich stat­tfind­en­den Round­ta­bles ist es, Kred­it­man­agern neue Wege zum besseren Schutz vor Forderungsaus­fällen aufzuzeigen. Sie wer­den alternierend von cormeta-Kun­den aus­gerichtet, wobei das Ettlinger Soft­ware­haus lediglich als Ini­tia­tor auftritt. Ralf Wein­mann, Leit­er Mar­ket­ing und PR bei der cormeta ag: “Wir bieten unseren Kun­den ein Forum, auf dem sie in einem neu­tralen Rah­men offen über kon­tro­verse The­men im Kred­it­man­age­ment disku­tieren kön­nen. Der Wun­sch nach Plat­tfor­men dieser Art ist stark, das haben wir in Gesprächen immer wieder fest­gestellt.” Daher sei auch diese Ver­anstal­tung auf ein pos­i­tives Echo gestoßen. “Zusam­menkom­men ist ein Anfang, Zusam­men­bleiben ein Fortschritt und Zusam­me­nar­beit­en ein Erfolg — die große Res­o­nanz auf den Erfahrungsaus­tausch gibt uns recht.”

Abschluss und Höhep­unkt eines jeden Work­shops ist eine “Begeg­nung der beson­deren Art”. So trafen sich die Teil­nehmer dies­mal zum “Dia­log im Dunkeln” im Frank­furter Dialog­mu­se­um. Es gab viel zu hören, zu riechen, zu fühlen und zu tas­ten, aber abso­lut nichts zu sehen. Denn die Ausstel­lung ist eine Exhi­bi­tion in völ­liger Dunkel­heit. Die Besuch­er wur­den auf kün­st­lerische Art in die Welt blind­er Men­schen “ent­führt”. Nach ein­er kurzen Ein­weisung (“Fol­gen Sie immer der Stimme Ihres Guides und melden Sie sich laut­stark, wenn Sie die Ori­en­tierung ver­loren haben!”) ging es auf die Reise in die Fin­ster­n­is — über Sand­haufen, einen Bach­steg und eine gewun­dene Straße zu einem Fahrkarte­nau­to­mat­en an ein­er Bushal­testelle. Vor­bei an abgestell­ten Klein­wa­gen, Hau­se­ingän­gen und Schaufen­stern. Alles im Dunkeln. Manch ein­er musste seine Scheu vor dem “Schwarzen Nichts” erst über­winden; musste ler­nen, sich mit den anderen Sin­nen zu ori­en­tieren.

Die Idee, die Sehen­den auf diese Weise mit der Lage blind­er Men­schen ver­traut zu machen, stammt vom Leit­er des Doku­men­tarischen Insti­tuts der Stiftung Blind­e­nanstalt (BSA) in Frank­furt, Andreas Hei­necke. Heute ist “Dia­log im Dunkeln” ein inter­na­tion­al erfol­gre­ich­es Ausstel­lungskonzept. Das Frank­furter “Dialog­mu­se­um” geht mit den unter­schiedlichen Exhi­bi­tio­nen noch einen Schritt weit­er und betritt Neu­land — sowohl konzep­tionell und insti­tu­tionell. Es ist ein pri­vates soziales Unternehmen mit dem Ziel, ins­beson­dere schw­er behin­derten Men­schen eine Beruf­schance zu geben.

Der näch­ste Round­table find­et im Novem­ber 2010 beim Ver­pack­ungsspezial­is­ten Bischof & Klein in Lengerich statt.