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Krieg der Wort — Continental vs Schaeffler

Den „Krieg der Worte“ nen­nt die „Finan­cial Times“ die Auseinan­der­set­zung zwis­chen der Con­ti­nen­tal AG, ihrem Chef Man­fred Wen­nemer und der Scha­ef­fler-Gruppe. In diesem Krieg schweigen heute erst ein­mal die „Waf­fen“, denn ab 13.00 Uhr hat der Auf­sicht­srat der Con­ti­nen­tal AG in Han­nover das Wort.

Sel­ten wurde das Ergeb­nis ein­er Auf­sicht­sratssitzung mit so viel Span­nung erwartet. Denn was für die Mitar­beit­er bei­der Fir­men ein schick­salss­chw­er­er Tag ist, bietet für den außen ste­hen­den Betra­chter Unter­hal­tungswert seit Man­fred Wen­nemer der anwe­senden Presse am Mittwoch ver­gan­gener Woche einen Gefühlsaus­bruch präsen­tierte. Die „Han­nover­sche All­ge­meine Zeitung“ (HAZ), das Heimat­blatt von Con­ti­nen­tal, zitiert ihn: Scha­ef­fler han­dele „ego­is­tisch, selb­s­ther­rlich und ver­ant­wor­tungs­los“. Die Con­ti sei getäuscht wor­den. Das Blatt liefert sofort auch die Erk­lärung aus Con­ti-Insid­erkreisen: Wen­nemer und sein Finanz- und Reifenchef Alan Hippe (Han­dels­blatt: Der Aus­putzer) seien „per­sön­lich belei­digt“.

Eher amüsiert als ver­wun­dert nah­men die Medi­en den emo­tionalen Aus­rutsch­er des Vor­standsvor­sitzen­den zunächst nur zur Ken­nt­nis, bis am Woch­enende dessen Auf­sicht­sratschef Hubert von Grün­berg Wen­nemer über die Medi­en auf­fordert, sich zu mäßi­gen und die Tür zu Scha­ef­fler nicht zuzuschla­gen. Die Posi­tio­nen im Auf­sicht­srat sind offen­bar noch nicht aus­disku­tiert.

Es kommt sog­ar noch dick­er, als die „Frank­furter All­ge­meine Zeitung“ (FAZ) am Mon­tag dieser Woche ver­mutet, „Die Posi­tion des Con­ti­nen­tal-Chefs wack­elt“. Das Demen­ti lässt nicht lange auf sich warten. Die Con­ti-Presseabteilung nen­nt die Aus­sage der FAZ: „halt­los“, will aber dem Autor damit hof­fentlich nicht einen unmoralis­chen Lebenswan­del unter­stellen, son­dern seine Aus­sage nur als nicht „halt­bar“ charak­ter­isieren. Wen­nemer selb­st wird mit der Aus­sage zitiert: „Wann ich gehe, entschei­de ich“. Dieses Rol­len­ver­ständ­nis wird dem Auf­sicht­srat sich­er gefall­en.

Dem „Han­dels­blatt“ sagte Michael Deis­ter, der für die Arbeit­nehmer im Auf­sicht­srat sitzt, gestern: „ Eine fre­und­schaftliche Lösung ist zwar schwieriger gewor­den, aber nicht unmöglich.“ Und die HAZ weiß aus der Sitzung des Gesamt­be­trieb­srates zu bericht­en, dass dessen Vor­sitzende Bär­bel Bruns, „einem guten, deutschen Investor“ generell offen gegenüber ste­he. Die Arbeit­nehmervertreter zeigen also die Bere­itschaft zu ver­han­deln. Deis­ter laut HAZ: Angesichts der Tat­sache, dass „Scha­ef­fler im Haus ist“ sollen man mit einan­der sprechen. „Sie sollen wis­sen, mit wem sie es zu tun haben.“

Vorher schon kon­nten die Medi­en viele pos­i­tive Stim­men der Kun­den und der Poli­tik zu dem Zusam­menge­hen notieren. VW-Chef Mar­tin Win­terko­rn war darunter, der dazu mah­nte, einen Über­nah­mekrieg zu ver­mei­den. Porsche und Opel-Chef Demant äußerten sich eben­falls zus­tim­mend. Auch Bun­deswirtschaftsmin­is­ter Michael Glos (CSU) stimmte in den Chor der Befür­worter ein. AR-Chef von Grün­berg brachte es in einem Inter­view für das „Man­ag­er-Mag­a­zin“ jet­zt auf den Punkt: „Wenn die Über­nahme wahrschein­lich ist, dann bevorzuge ich, dass wir keine ver­bran­nte Erde hin­ter­lassen.“

Auf der Kap­i­taleign­er-Seite haben sich nun Inve­storen in die Front der Über­nahme-Geg­n­er ein­gerei­ht. Zwei größere, die jew­eils rund ein Prozent der Con­ti-Anteile vertreten, wollen nicht zum gebote­nen Preis von 70,12 Euro verkaufen. Sie sehen diesen Preis als ungerecht an, weil sie eine Kurs­er­wartung von 80 Euro bis 100 Euro haben und zusät­zlich noch eine 20-prozentige Prämie erwarten. Die Börse hat­te Con­ti vor dem Über­nah­meange­bot aber nur mit rund 50 Euro notiert — ungerechter­weise? Mit dem Über­nah­meange­bot haben diese Inve­storen inzwis­chen mehr als 40 Prozent Prämie auf den alten Kurs eingestrichen.

„Um Con­ti-Vor­stand­schef Wen­nemer wird es ein­samer“ titelt das „Han­dels­blatt“ trotz der Rück­endeck­en aus Aktionärskreisen. Das Blatt geht davon aus, dass Wen­nemer heute ver­sucht, seine Abwehrstrate­gie durchzuset­zen. Dem Bericht zufolge will er sich unter anderem von den Kon­trolleuren eine Kap­i­taler­höhung um bis zu zehn Prozent genehmi­gen lassen. Die Scha­ef­fler-Gruppe soll dazu aufge­fordert wer­den, ihren Anteil auf unter 30 Prozent zu beschränken. Auch soll Gold­man Sachs weit­er­hin auf der Suche nach einem „Weißen Rit­ter“ sein, der eben­falls weniger als 30 Prozent übernehmen soll.

Außer­dem will Wen­nemer offen­bar den juris­tis­chen Weg weit­er beschre­it­en und die Finan­za­uf­sicht BaFin davon überzeu­gen, die Liefer­ung der Aktien aus dem Swap-Geschäft an Scha­ef­fler zu ver­hin­dern. Aus dem Amt war aber schon vor Abschluss der Prü­fung zu hören, dass dies nicht wahrschein­lich sei.

Heute nach der Sitzung des Con­ti-Auf­sicht­srates darf man hof­fentlich davon aus­ge­hen, dass der Krieg der Worte nach dieser kurzen Kampf­pause nicht wieder aufgenom­men wird. Wen­nemer rech­net zwar damit, dass er den AR-Vor­sitzen­den auf seine Lin­ie ein­schwören kann. Aber auch gegen­teilige Posi­tio­nen sind bezo­gen, die Kred­ite ste­hen, die Arbeit­nehmer bei Con­ti haben seit gestern Garantien.

Wenn die Anze­ichen nicht trü­gen, dann nehmen die Dinge ihren Lauf in Rich­tung Über­nahme. Und sie soll­ten schnell laufen, oder haben die Damen und Her­ren im Man­age­ment der vielle­icht zukün­fti­gen Num­mer 2 im Auto­mo­bilzuliefer-Geschäft nicht gele­sen, dass die Num­mer 1 Gas her­aus­nimmt und sich auf ein sink­endes Geschäft mit Auto­mo­bil­her­stellern ein­stellt.