Für Berufskraftfahrer, die viele tausende Kilometer im Jahr am Steuer sitzen, sind ihr Lkw und die Straße ein zweites Zuhause – aber auch ein nervenaufreibender Arbeitsplatz. Termindruck, Staus und festgeschriebene Lenkzeiten machen das Leben auf der Autobahn zu einem echten Knochenjob.
Es gibt jedoch Autofahrer, die wenig Verständnis für Lkw und ihre Fahrer zeigen und sie als rollendes Ärgernis betrachten. Zwei Frauen aus dem Raum Augsburg sehen das mittlerweile mit ganz anderen Augen, denn Berufskraftfahrer Walter Stütz (52), rettete einer von ihnen das Leben. Auf einer Tour auf der A6 sah er einen Pkw auf dem Standstreifen stehen, daneben eine winkende Frau, die versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Sekunden später wird er zum Lebensretter einer 86-Jährigen, die mit Herz- und Atemstillstand auf dem Beifahrersitz des Pkw mit dem Tod kämpft. Für sein schnelles und besonnenes Handeln haben Goodyear und der Automobilclub von Deutschland (AvD) den aus dem schwäbischen Aislingen stammenden Ersthelfer zum „Highway Hero“ des Monats Oktober gekürt.
Im Rahmen der Aktion werden das ganze Jahr über Helden des Straßenverkehrs ausgezeichnet, die besonnen, mutig und selbstlos reagiert haben und durch ihr Engagement Leben retten oder Unfälle verhindern konnten. Menschen, die ohne Bedenken sofort eingreifen und helfen.
Wie so oft fährt Walter Stütz mit seinem Zwölftonner auf der A6 zwischen Bad Rappenau und Steinsfurt. Plötzlich sieht er auf dem Seitenstreifen eine Frau neben ihrem Pkw aufgeregt winken. Obwohl er seine Tour pünktlich zu Ende fahren muss, bremst er und hält vor dem Pkw auf dem Standstreifen. Kaum ausgestiegen, erklärt im die aufgeregte Frau, dass ihre Mutter auf dem Beifahrersitz nicht mehr atmet und kurz vorher über Herzprobleme geklagt hat. Stütz reagiert sofort, fühlt den Puls der leblosen Rentnerin und kann keinen Herzschlag mehr feststellen. Er hebt die alte Dame, die einen Herzstillstand erlitten hat, vorsichtig aus dem Auto, bringt sie in die stabile Seitenlage und setzt einen Notruf an die Polizei ab. Dann kümmert er sich um die 86-Jährige, beginnt ohne zu zögern mit der Herzdruckmassage und beatmet sie. Zwei lange Minuten vergehen bis Walter Stütz bei der Frau endlich wieder einen schwachen Puls feststellen kann. Er übernimmt die Erstversorgung bis Notarzt und Polizei eintreffen. Noch an Ort und Stelle wird ein Defibrillator eingesetzt, um die Frau zu retten. Nachdem der Zustand der 86-Jährigen stabil ist, wird sie ins Krankenhaus Heilbronn gebracht.
Walter Stütz setzt sich nach seinem Einsatz wieder in den Lkw und beendet mit Verspätung seine Tour. Wenige Tage später erfährt er von der Tochter der geretteten Frau, dass ihre Mutter im Krankenhaus einen weiteren Herzstillstand erlitt. Erst durch einen implantierten Defibrillator konnte sie stabilisiert werden. Der behandelnde Arzt betonte noch, dass die Frau ohne die gute Erstversorgung durch Walter Stütz mit Sicherheit gestorben wäre. Für den Helfer selbst ist sein Handeln eine Selbstverständlichkeit. Er erwähnt den Vorfall nicht einmal seinem Vorgesetzten gegenüber und dass, obwohl er seinen Zeitplan nicht einhalten konnte. „Wir Lkw-Fahrer helfen, wenn es geht“, sagt der Familienvater und würde jederzeit wieder helfen. Auch weil er selbst mehrere ältere Verwandte hat, die ein ähnliches Schicksal ereilen könnten. „Dann hoffe ich, dass auch jemand anhält und hilft.“