Der richtige Reifendruck hat viele Vorteile: mehr Sicherheit, weniger Verbrauch und damit CO2-Ausstoß sowie geringerer Verschleiß – nicht nur der Reifen, sondern auch von Fahrwerkskomponenten. Diese Vorteile permanent im Griff haben Fahrer mit einem Reifendruckkontrollsystem.
Sie sind ab November 2012 Pflicht für alle neuen Pkw-Modelle. Wie man auch ohne die moderne Technik immer mit dem richtigen Reifendruck unterwegs ist, dazu Tipps von den TÜV SÜD-Experten.
Der Mehrverbrauch durch zu wenig Druck auf den Reifen liegt laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) bei bis zu zehn Prozent. Zudem sind in der Regel bis zu 30 Prozent der Fahrzeuge mit zu geringem Fülldruck unterwegs – Lkw wie Pkw. Zusätzlich zur größeren Umweltbelastung bedeutet das: höhere Unfallgefahr durch Schädigung des Reifenaufbaus und Überhitzung sowie schnellerer Verschleiß von Reifen und Fahrwerk. Abhilfe schaffen soll ab diesem Jahr der Einsatz von Reifendruckkontrollsystemen, so genannten Tire-Pressure Monitoring Systems (TPMS). Sie müssen ab November 2012 bei allen neuen Pkw-Modellen in der EU verbaut sein. Dazu Michael Staude von TÜV SÜD: “Automatische Reifendruckkontrollsysteme sorgen dafür, dass die Fahrer immer mit korrektem Druck unterwegs sind. Das ist nicht nur gut für die Verkehrssicherheit, sondern direkt umgesetzter Umweltschutz. Auch aktuelle Fahrzeuge können einfach mit einem TPMS nachgerüstet werden.”
Immer korrekt: Zum Einsatz kommen entweder direkt oder indirekt messende TPMS. Die direkten Systeme haben üblicherweise Druck- und Temperatursensoren, die im Reifeninneren an der Felge befestigt sind. Per Funk werden die Messwerte in bestimmten Zeitabständen an ein Steuergerät gesendet. Bei Unterschreitung der festgelegten Warngrenze leuchtet eine Kontrolllampe in der Armaturentafel auf. Vorteil: Solche Systeme können nachgerüstet werden. Und: Sie erkennen nicht nur schnellen Druckverlust, sondern auch den so genannten Diffusionsverlust. “Selbst wenn der Luftdruck langsam und an mehreren Reifen gleichzeitig schwindet, die Sensoren schlagen bereits sehr früh an”, so Staude. Nachteil: Es wird ein zusätzlicher Satz für die Winterreifen auf eigenen Felgen benötigt. Indirekt messende Systeme vergleichen dagegen die Raddrehzahlen über die Sensoren des Antiblockiersystems (ABS) – neuere Varianten nutzen selbst die Signale von Fahrzeugsensoren, zum Beispiel die Schwingungsfrequenzen der Reifen oder Beschleunigungssignale. Hat ein Rad weniger Luft, schlägt das TPMS Alarm. Indirekte Systeme werden nur ab Werk angeboten.
Ohne Kontrolle: Die Experten von TÜV SÜD empfehlen, den Reifendruck von Pkw mindestens monatlich zu kontrollieren. In der Übergangszeit zwischen den Jahreszeiten ist sogar die wöchentliche Kontrolle ratsam. “Vor allem in Jahreszeiten mit starken Temperaturschwankungen wie im Winter droht Druckverlust durch kalte Umgebungsbedingungen. Häufiger messen bedeutet da ein echtes Sicherheitsplus”, so Staude.
Mit Durchblick: Beim Luftdruck für Lkw-Reifen unbedingt an die Herstellerangaben halten und den aktuellen Ladungszustand berücksichtigen. Einen Leitfaden für den richtigen Druck bieten auch die Empfehlungen der Industrieverbände – in Europa beispielsweise die Angaben der European Tyre and Rim Technical Organisation ETRTO. Für Autoreifen ist der richtige Fülldruck in der Betriebsanleitung und auf der Innenseite von Tankklappe oder Tür vermerkt. Weil fast alle Autos mit verschiedenen Reifengrößen gefahren werden dürfen, gibt es oft unterschiedliche Werte für die einzelnen Dimensionen. Noch ein Tipp: Einige wenige Autohersteller geben den Druck Kilopascal (kPa) an. Die Umrechnung in das gebräuchliche Bar ist einfach: 100 kPa entsprechen einem Bar.
Cool checken: Alle Reifendruckwerte gelten für kalte Reifen. Schon Fahrten unter zehn Kilometer erwärmen die Pneus. Deshalb darf dann keinesfalls Luft abgelassen werden. Hier sollte genau gemessen und die Herstellerangaben eingehalten werden. Am besten messen Trucker den Reifendruck mit einem geeichten Luftdruckmessgerät. Hinweis vom Experten: Sicht- oder Klopfprüfung reicht keinesfalls aus.
Lieber etwas mehr: Die Vorgaben der Autohersteller sollten wirklich nicht unterschritten werden. Schon 0,2 Bar zu geringer Druck schluckt im Stadtverkehr bis zu fünf Prozent Sprit. 0,5 Bar können einen Liter pro 100 Kilometer kosten und zudem die Sicherheit bei höheren Geschwindigkeiten gefährden. Kurzfristig 0,2 bis 0,3 Bar mehr schaden keinesfalls. Sehr viel höhere Werte beeinflussen wiederum die Fahreigenschaften negativ und verschleißen die Reifen ungleichmäßig. Außerdem verlängert sich der Bremsweg und die Traktion ist verändert. Ist der Reifendruck ständig zu hoch, droht der schnellere Verschleiß des Fahrwerks.
Niemals zu wenig: Wesentlich umfangreicher sind die Nachteile von zu geringem Luftdruck – bis hin zu Überhitzen, Strukturschädigung und Brandgefahr. Außerdem ist der Kraftstoffverbrauch erhöht. Auch bei zu wenig Luft leidet das Fahrwerk. Die negativen Auswirkungen zusammengefasst von einem Markenreifenhersteller: bei 20 Prozent zu wenig Luftdruck sinkt die Laufleistung des Reifens um mehr als 25 Prozent, bei weniger als 30 Prozent hält der Reifen nur noch halb so lang.
Laden und füllen: Was für Lkw-Reifen Vorschrift ist, gilt auch für Pkw-Pneus: Wer sein Auto stark belädt oder sämtliche Sitzplätze für eine längere Strecke ausnutzt, muss den Reifendruck erhöhen. Danach das Absenken auf Normaldruck bei kalten Reifen nicht vergessen!
Luft statt Gas: Werkstätten bieten mitunter spezielle Reifenfüllgase an und versprechen dabei auch physikalisch nicht nachvollziehbare Vorteile. Das Geld kann der Autofahrer sparen. Die Reifenindustrie und TÜV SÜD sind der Meinung, dass Luft völlig ausreicht. Beim Erhöhen des Luftdrucks zur Volllast-Angleichung steht an der Tankstelle ohnehin nur Luft zur Verfügung.
Schrauben nicht vergessen: Ventilkappen sind keine Zierde. Sie dichten das Ventil zusätzlich ab und schützen vor Schmutz. Der kann die Funktion des Ventils stören, sprich: Luftverlust verursachen.