Gilt die „neue Winterreifenpflicht“ in Deutschland schon oder nicht? Diese Frage wurde in den letzten Tagen in den Medien vielfach widersprüchlich diskutiert. Jetzt steht fest: Die vom Bundesverkehrsministerium initiierte Novelle der Straßenverkehrsordnung zur Vorschrift der geeigneten Bereifung ist in Kraft.
Genauer gesagt ist sie am Samstag, den 4. Dezember in Kraft getreten, nachdem der neue Verordnungstext am Freitag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Doch auch wenn es oft so dargestellt wird – wirklich neu ist die situative Winterreifenpflicht eigentlich gar nicht.
„Weil der bisherige Verordnungstext zu unklar formuliert war, hat das Oberlandesgericht Oldenburg die bisherige Vorschrift zur geeigneten Bereifung für verfassungswidrig erklärt“, erläutert Peter Hülzer, geschäftsführender Vorsitzender des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur- Handwerk (BRV e.V., Bonn). „Darauf hin hat auf Veranlassung des Bundesverkehrsministeriums der Gesetzgeber jetzt lediglich eindeutiger definiert, was unter wintertauglichen Reifen zu verstehen ist und bei welchen Wetterverhältnissen sie gefahren werden müssen.“
Hierzulande gilt nun: Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte dürfen Kraftfahrzeuge nur mit Reifen unterwegs sein, die als M+S-Reifen (Abkürzung für „mud + snow“ oder Matsch + Schnee) gekennzeichnet sind. Pkw müssen auf allen Achspositionen entsprechend bereift sein, Nutzfahrzeuge mit zulässigem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen nur auf den Antriebsachsen. Ausnahmen gelten für land- und forstwirtschaftliche Nutzfahrzeuge sowie Einsatzfahrzeuge von Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Polizei und Zolldienst. Wer dagegen verstößt, riskiert neuerdings ein Bußgeld von 40 Euro bzw. 80 Euro, wenn er dadurch den Verkehr behindert.
„Empfehlenswert ist zudem, dass die Reifen eine Profiltiefe von mindestens vier Millimeter haben“, betont Verbandschef Hülzer, „auch wenn gesetzlich nach wie vor nur ein Mindestprofil von 1,6 Millimeter vorgeschrieben ist“. Trotz zahlreicher Expertenempfehlungen wurde hieran nichts geändert. Hülzer: „Das wäre im Rahmen der StVO-Novelle auch gar nicht möglich gewesen, denn die entsprechende Vorschrift ist nicht dort verankert, sondern in der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung (StVZO).“
Wer über die kommenden Weihnachtsfeiertage und/oder zum Jahreswechsel eine Urlaubsfahrt mit dem Pkw in eines der neun deutschen Nachbarländer plant, sollte auch die dort geltenden Regelungen kennen. Hier eine Kurzübersicht:
Frankreich: Winterreifen und Schneeketten können für vereinzelte, entsprechend beschilderte Streckenabschnitte („pneus neige“) auf Gebirgsstraßen vorübergehend zur Pflicht gemacht werden.
Österreich: Situative Winterreifenpflicht zwischen 1. November und 15. April. Bei winterlichen Fahrverhältnissen (Schnee, Matsch oder Eis) dürfen Pkw nur in Betrieb genommen werden, wenn an allen vier Rädern Winterreifen (M+S oder M&S, Mindestprofiltiefe: 4 mm!) montiert oder bei geschlossener Schnee- oder Eisfläche an mindestens zwei Antriebsrädern Schneeketten angebracht sind.
Schweiz: Keine Winterreifenpflicht; ihre Benutzung wird jedoch bei entsprechenden Straßenverhältnissen empfohlen, da bei Verkehrsbehinderung infolge ungeeigneter Bereifung Strafen verhängt werden können. Bei Unfall mit Sommerreifen auf winterlichen Straßen kommt eine erhebliche Mithaftung in Betracht.
Tschechien: Keine generelle Winterreifenpflicht; Vom 1. November bis zum 31. März müssen Pkw jedoch auf bestimmten, beschilderten Streckenabschnitten (Kfz über einer Schneeflocke, beide weiß, auf blauem Kreis) mit Winter- oder Ganzjahresreifen ausgerüstet sein, die mindestens 4 mm Profil haben. Auf schneebedeckten oder vereisten Fahrbahnen ist alternativ die Verwendung von Schneeketten möglich.
In Belgien, Dänemark, Luxemburg, den Niederlanden und Polen gibt es keine Winterreifenpflicht.